Dienstag, 30. Juni 2009

Gut so, FAZ

Mein Verhältnis zur "Zeitung für Deutschland" war immer etwas ambivalent. Einerseits fand ich die konservative Haltung des Blatts oft ziemlich abscheulich , andererseits habe ich die FAZ für all das Konservative (Fraktur, keine Fotos auf der Titelseite) immer gemocht. Naja, das ist ja jetzt passé.

Die Sonntagsausgabe habe ich dagegen von Anfang an geschätzt, schließlich war es ja nicht einzusehen, warum man ausgerechnet am einzigen Tag in der Woche, an dem man Zeit hat auf Springer angewiesen sein soll.

Online bin ich selten auf den FAZ-Seiten unterwegs, irgendwie spricht mich da wenig an...

AAAAABER

...und jetzt kommt das, worauf ich eigentlich hinaus will: Die FAZ hat spannende Blogs. Also zumindest einige. Das witzige ist, ich lese die Blogs nicht von der FAZ-Community(Argh)-Seite aus, sondern ich stoße immer wieder durch Links auf dort geschriebene Artikel. Gerade eben ist das wieder geschehen: Mit Freude habe ich diesen Beitrag von Oliver Tolmein gelesen, der sich über einen Spiegel-Artikel zum Leben mit einem behinderten Kind aufregt.

Das wirklich Gute an den FAZ-Blogs ist, dass dort Autoren - wie etwa Don Alphonso - schreiben, deren Meinungen ich nicht unbedingt auf FAZ-Redaktionslinie einordnen würde. Daumen hoch also liebe FAZ für den Aufbau dieser Blogger/Autoren-Gemeinschaft (und Daumen runter für "Community").

Montag, 29. Juni 2009

State of Play - Spannend

Hier muss unbedingt mal wieder ein visuelles Element hin, also bin ich gestern ins Kino gegangen, um mal wieder eine Trailer embedden zu können.

Gesehen habe ich "State of Play" gesehen, leider auf Deutsch. Spannend war's, man fiebert mit dem altmodischen Journalisten mit, der seine tausend Quellen in der Stadt hat und der das ganz große Komplott aufdecken will. Der Film passt gut in die Zeit der Medienkrise, er spielt mit den Klischeebildern von Bloggern und Print-Journalisten. Natürlich hat das mit der Realität nix zu tun, aber dafür gehe ich ja auch ins Kino und nicht in die Redaktion.

8/10 Punkten

Sonntag, 28. Juni 2009

Der Abgrund und die Medien

Ich habe gerade einen Artikel gelesen, der mich aufwühlt. "Wir waren sehr nah am Abgrund" (FAS, S. 39, nicht frei online). In ihm wird berichtet, dass es Anfang Oktober 2008 zu einem regelrechten Run auf das Bargeld gekommen ist. Das Bankensystem in Deutschland stand kurz vor dem Zusammenbruch.

Huch, wird man jetzt sagen, davon habe ich ja gar nichts mitbekommen. Finanzkrise ja, aber Bank-Run? Wo waren denn die Schlangen vor den Banken? Wo waren denn die Medienberichte?

Nun ja, das Geld wird heute oft per Mausklick bewegt, dann ganz diskret am Automaten abgeholt, einfach ein paar 500er. Die Auszahlungen stiegen exorbitant an, das zeigen Statistiken im FAS-Artikel. Entsprechende Zahlen gab die Bundesbank an Merkel und Steinmeier - das Licht der Öffentlichkeit erblicken sie erst ein Dreivierteljahr später.

Und in den Medien herrschte verordnetes Schweigen. Am 8. Oktober trafen sich laut FAS Kanzlerin und Herausgeber und Chefredakteure wichtiger Blätter. Die Kanzlerin erklärte die dramatische Lage und "bat" darum, weiter zurückhaltend zu berichten.

WOW.

Schon damals gab es Blogger (Egghat, Weißgarnix, Don Alphonso), die die Lage nicht beschönigten. Schon damals erreichte uns in der münsterschen Lokalredaktion die Information aus einer glaubwürdigen Quelle, dass Polizei-Hundertschaften in Bereitschaft stünden, um Banken zu schützen. Im Nachhinein wird erst der Ernst der Lage klar.

Als Medienkonsument frage ich mich: Warum soll ich Medien glauben, die in einer ernsten Krise die Staatsräson vor den Informationswillen ihrer Kunden gestellt haben? Als Journalist überlege ich aber auch: Was wären die Folgen gewesen, wenn wir über den Bank-Run und die Hundertschaften berichtet hätten? Haben wir uns zum Büttel des Politikmainstreams gemacht? Und wären wir unserer Verantwortung nachgekommen, wenn wir eine - real existierende - Panik weiter geschürt hätten?

Samstag, 27. Juni 2009

Fehler in allen Teilen

Wenn schon im Handelsblatt intelligente Artikel erscheinen, die unser komplett auf den Vorteil der Banken ausgelegtes Geldsystem kritisieren, dann muss die Krise schon groß sein. 50 Mal kann eine Bank jeden Euro, der als Sparanlage bei ihr eingezahlt wird, verleihen. Geldschöpfung nennt man das und die Folgen dieses Systems gibt es gerade global zu besichtigen. Der Artikel über Fiat-Geld schlägt vor, die Mindestreserve der Banken von derzeit 2 auf künftig 50 Prozent zu erhöhen.

Viel Spaß wünsche ich dem Politiker, der sowas gegen die Macht der Banken durchsetzen will.

Montag, 22. Juni 2009

Samstag, 20. Juni 2009

Paid Content - 7,60 Euro, die sich lohnen





Ich bin sicher nicht der Erste, der zum monatlichen Kauf der Zeitschrift brand eins auffordert. Ich bin sicher auch nicht der Letzte - denn dieses Magazin ist meist jeden Cent der stolzen 7,60 Euro Einzelverkaufspreis wert. Genau SO hat Print für mich auf jeden Fall eine Zukunft:

  • Themen, die mich überraschen - etwa ein Artikel über die Schließung des Polaroid-Werks in Enschede und den etwas verrückten Internet-Händler für Polaroid-Filme, der das ganze Werk gekauft hat.
  • Geschichten, die mich brennend interessieren - etwa der Bericht darüber, wie es hinter den Kulissen, des insolventen Händlers "SinnLeffers" aussieht.
  • Porträts, die mir einen Menschen wirklich nahe bringen - etwa der Bericht über Christian Bienert, dessen super-unmodernes Radiorätsel ich schon oft am Sonntagsmorgen auf DRadio Kultur gehört hab (immer umkurz nach 10 Uhr).
  • Lehrreiches, das meinen Blick auf die (Berufs-)Welt verändert - wie die Klassifizierung von Arbeitnehmern, vom Wir-in-der-Firma-Mitarbeiter über den Söldner bis zum Faulenzer.
(Die Geschichten dürften ab dem 26.06., wenn das neue Heft erscheint im Netz stehen)

Das alles ansprechend verpackt, monatlich unter einem Oberthema zusammengefasst lässt mich gern den Preis bezahlen und schon öfter über ein Abo nachdenken. Scheinbar nicht nur mich. Laut IVW stieg die verkaufte Einzelverkaufsauflage im ersten Quartal '09 gegenüber dem Vorjahr um 18,9 Prozent (bei den Abos legte man immerhin knapp fünf Prozent zu).

Donnerstag, 18. Juni 2009

Lokale Nachrichten im Internet

Na, Mittwoch in Münster unterwegs gewesen? Irgendwo demonstriert? Oder die Demo der mindestens 5000 Studis und Schüler gesehen? War ganz schön was los, oder?

Naja, so viel war es wohl nicht: Das bringt SpOn über die Proteste in Münster:

In Wiesbaden und Münster gingen ebenfalls mehrere tausend Schüler und Studenten mit Transparenten auf die Straße.

Das wars.

Und genau deshalb braucht man lokale Online-Medien, die auch im Netz berichten, was vor der eigenen Haustür los ist. So wie - jetzt kommt stinkendes Eigenlob - heute die MZ. Seit 9.15 Uhr haben wir kontinuierlich in Bild, Ton und Text von den Demos berichtet. Haben Autofahrer vor Behinderungen gewarnt, Mamis und Papis darüber informiert, was der Sohnemann so im Ludgerikreisel treibt. Das war ein großer Spaß, wegen solcher Sachen wird man Reporter.

Hier ein kleiner Eindruck im Video:


Heute...könnte ich kotzen

Heute ist es soweit die "Volksparteien" CDU und SPD werden das Zensursula-Gesetz im Bundestag verabschieden. Alles nötige hat dazu Thomas Knüwer in seinem Handelsblatt-Kommentar geschrieben.

Was für ein Land, in dem solche Symbol-Politik-Darsteller etwas zu sagen haben.

Jetzt mal lokal auf Münster heruntergebrochen: Schämen Sie sich Herr Polenz, schämen Sie sich Herr Strässer. Oder stimmen Sie in ein paar Stunden anders, als Ihr Fraktionszwang es verlangt.

Update

Na klar, die beiden Flachpfeifen haben für Zensursula gestimmt. Beim nächsten Termin werde ich Ihnen sagen, was ich davon halte. So viel eigene Meinung muss auch im Reporter-Job möglich sein.

Ebenfalls Flachpfeifen: Die 15 "Grünen" MdBs, die sich enthalten haben.

Montag, 15. Juni 2009

Der Prozess

Eine journalistisch Story als Prozess: Der User erhält vom Journalisten keine fertige Story (ausrecherchiert, ausgewogen, rund), sondern er nimmt am Prozess der Nachricht teil. Ganz transparent und in Echtzeit erklärt der Journalist, dass er eine Nachricht hat, vielleicht, dass es Gerüchte (die als solche erkenntlich sind) gibt, er fragt, ob die User Infos haben oder Meinungen zu der Nachricht haben. Irgendwann mag in diesem Prozess eine klassische Nachricht entstehen - das Ende des Prozesses bedeutet das aber nicht. Jetzt geht es um Reaktionen.

Was Jeff Jarvis bereits vor gefühlten Jahrhunderten beschrieb, ist im Trainings-Blog der Deutschen Welle von Marcus Bösch sehr gut dargestellt. Den Link werde ich heute mal an meine Kollegen versenden.

Sonntag, 7. Juni 2009

Neue Serie - total "ironisch"

Ich starte mal eine Serie: Total "(un)ironische" Anführungszeichen.

Gesehen im "schönen" Hannover:

Samstag, 6. Juni 2009

Erst Tagesschau dann "Kipp-Roll-Fall-Spektakel"?

Gleich kommt eine Sendung mit o.a. Namen auf ProSieben. Angeblich wird sie gut, mal gucken, ob ich's gucke.

Auf jeden Fall schaue ich mir diese Kugelbahn 2.0 an:



(via Stefan Niggemeier)

Update

Ich hab die Dauerwerbesendung jetzt mal abgeschaltet. Der Bringer war es nicht.

Lesetipp

Vor ein, zwei Wochen bin ich mit Heiner Flassbecks Buch "Gescheitert" fertig geworden. Ziemlich einleuchtend erklärt er darin, wie dumm das neo-liberale Mantra von den zu hohen Kosten in Deutschland war. Und warum uns gerade die jahrelange Politik des Lohnverzichts und der Fixierung auf den Export jetzt einholt. Für einzelne Unternehmer mag es ja sinnvoll sein, die Kosten immer weiter zu senken. Aber irgendjemand muss die Produkte auch kaufen können. Und dazu braucht der Konsument Geld. Etwas nervig ist das ständige Einhauen auf die rot-grüne Schröder-Fischer-Regierung. Aber gut, der Mann - ein Ex-Berater Lafontaines - hat einfach Recht behalten.

Ein - etwas moderaterer -Kommentar, der in die gleiche Richtung geht, findet sich bei der FTD.

Ins Netz gegangen

Als jahrelanger Schatzmeister der Grünen Jugend in Münster ist es nicht verwunderlich, dass ich diese Partei ganz sympathisch finde. Die folgenden Worte sind also nicht ganz unparteiisch.

Es ist Super-Wahljahr und wenn man sich die Netzaktivitäten der großen Parteien anschaut, dann haben mich insbesondere die Grünen beeindruckt. Warum? Weil hier echte Begeisterung für die Chancen und Möglichkeiten des Netzes vorherrschen. Ein paar Beispiele:

1. Blogger auf Parteitagen

Inzwischen machen andere Parteien das auch, aber zu sehen, wie etwa SPD-Ratsherr Pottblogger von einem Grünen-Parteitag bloggt war eine spannende neue Perspektive.

2. Interaktiver Wahlkampf

Man mag "WUMS" mögen oder - wie ich - doof und verkürzend finden. Aber die Möglichkeit, dass ein Sympathisant sich auf der Grünen-Website Standorte für Riesenplakate aussuchen und für kleines Geld bezahlen konnte, fand ich spannend. Wer intelligent an mein Geld kommen will, erhält zumindest eine Chance.

3. Offene Spitzenpolitiker

Gestern hatte ich mit zwei Kollegen aus unserer Redaktion die Chance, Parteichef Cem Özdemir zu interviewen. Zuerst legte er sein iPhone auf den Tisch, dann sprach er darüber, dass er gerade noch schnell ein Video für seine Facebook-Seite aufgenommen hat. Nicht schlecht für einen 44-Jährigen...

4. Enthusiasmus

Ja, auch andere Parteien bloggen, twittern, machen sonstwas. Aber allein der Enthusiasmus, mit dem einige junge Leute hier drei Tage nonstop aus der Grünen Bundeszentrale Livestreamen und Fragen beantworten ist ansteckend.

5. Klare Kante

Es ist doch gut, dass es eine Partei gibt, bei der sehr schnell klar war, dass sie Zensursula keine Chance geben wird.

Also, eine Wahlempfehlung gebe ich hier natürlich nicht. Aber die Financial Times Deutschland fand ich schon immer ziemlich gut.