Am 8. Oktober 2008 war die Krise noch jung, man möchte fast sagen: unschuldig. An jenem Mittwochabend luden die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister die Chefs der wichtigsten Zeitungen ins Kanzleramt, um ihnen eine Botschaft zu übermitteln. Die lautete: Wir wissen zwar nicht genau, was in zwei oder drei Wochen ist, aber würden doch sehr herzlich um Ihr Vertrauen bitten und vor allem darum, dass Sie keine schlechte Stimmung machen, denn dazu ist die Lage zu ernst.
Die beiden trugen ihr Ansinnen auf beinahe schüchterne Weise vor, wahrscheinlich wussten sie, wie brüchig ihr Konzept war: den Banken einen Schirm aufspannen, ein kleines Konjunkturprogramm auflegen und den Menschen keine Angst machen, auf dass sie schön einkaufen gehen. Funktioniert hat immerhin das Letzte: Die Deutschen blieben cool und kauften zu Weihnachten wie üblich viel mehr, als sie brauchten. Ob das nun an den Zeitungen lag, sei dahingestellt, doch konnte man damals an die patriarchalische Vision glauben, dass die Eliten dem Volk nicht alles sagen – um es, mit Scheuklappen versehen, rasch durch die Krise zu führen.
Deshalb habe ich also von Horroszenarien (die meist eintrafen) nur in Blogs gelesen. Bei Don Alphonso, Weissgarnix, Egghat oder bei FT Alphaville. Pressefreiheit, so so.
Ich kann nur sagen, in unserer kleinen Lokalredaktion hat niemand die Devise ausgeben, positiv zu berichten. Aber wahrscheinlich fehlt uns auch wirtschaftlicher Sachverstand. Was soll man machen, wenn man letztlich auf die Einschätzungen von "Experten" bei den Kammern oder Sprechern von heimischen Banken und Unternehmen angewiesen ist? Die werden uns nie erzählen, wie mies die Lage ist, damit die Stimmung nicht noch schlechter wird. Letztlich helfen dann nur Insider, die berichten, dass in den Werkshallen nur Däumchen gedreht werden.
2 Kommentare:
a) Erstmal Danke für das Lob
b) Doch, wenn es den eigenen Interessen dient (zum Beispiel um die Steuern zu senken oder die Lohnsteigerungen zu begrenzen) wird schwarz gemalt. Wenn man aber hofft, dass der Verbraucher irgendwie noch weiter konsumieren soll, lässt man die Schwarzmalerei lieber ...
schlagzeilen haben einfluss auf den aktienkurs, journalisten - so finde ich - sollten sich fragen, ob ihre berichterstattung zur krise beigetragen hat, haben meinungsmacher die gier auf dem finanzmarkt herauf beschworen? lobhudelei von wachstum, investitionen, standortvorteilen und krediten anstelle von skepsis, sprache und schreibe von journalisten sind von ökonomischer rhetorik besetzt
und jetzt sollen sie so weiter machen wie bisher? da beißt sich doch die katze in den schwanz
im fall des zusammenkrachens der wirtschaft frage ich mich, ob die menschen westeuropas noch in der lage sein werden, glück zu empfinden - so ganz ohne marteriellen konsum.
wie bescheuert ist eigentlich so ein spruch: was nichts kostet ist nichts wert.
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