Ich habe gerade einen Artikel gelesen, der mich aufwühlt. "Wir waren sehr nah am Abgrund" (FAS, S. 39, nicht frei online). In ihm wird berichtet, dass es Anfang Oktober 2008 zu einem regelrechten Run auf das Bargeld gekommen ist. Das Bankensystem in Deutschland stand kurz vor dem Zusammenbruch.
Huch, wird man jetzt sagen, davon habe ich ja gar nichts mitbekommen. Finanzkrise ja, aber Bank-Run? Wo waren denn die Schlangen vor den Banken? Wo waren denn die Medienberichte?
Nun ja, das Geld wird heute oft per Mausklick bewegt, dann ganz diskret am Automaten abgeholt, einfach ein paar 500er. Die Auszahlungen stiegen exorbitant an, das zeigen Statistiken im FAS-Artikel. Entsprechende Zahlen gab die Bundesbank an Merkel und Steinmeier - das Licht der Öffentlichkeit erblicken sie erst ein Dreivierteljahr später.
Und in den Medien herrschte verordnetes Schweigen. Am 8. Oktober trafen sich laut FAS Kanzlerin und Herausgeber und Chefredakteure wichtiger Blätter. Die Kanzlerin erklärte die dramatische Lage und "bat" darum, weiter zurückhaltend zu berichten.
WOW.
Schon damals gab es Blogger (Egghat, Weißgarnix, Don Alphonso), die die Lage nicht beschönigten. Schon damals erreichte uns in der münsterschen Lokalredaktion die Information aus einer glaubwürdigen Quelle, dass Polizei-Hundertschaften in Bereitschaft stünden, um Banken zu schützen. Im Nachhinein wird erst der Ernst der Lage klar.
Als Medienkonsument frage ich mich: Warum soll ich Medien glauben, die in einer ernsten Krise die Staatsräson vor den Informationswillen ihrer Kunden gestellt haben? Als Journalist überlege ich aber auch: Was wären die Folgen gewesen, wenn wir über den Bank-Run und die Hundertschaften berichtet hätten? Haben wir uns zum Büttel des Politikmainstreams gemacht? Und wären wir unserer Verantwortung nachgekommen, wenn wir eine - real existierende - Panik weiter geschürt hätten?
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